Der Versuch, Krankheiten unbekannter Ätiologie, als “Autoimmunkrankheiten” zu betrachten hat möglicherweise die Untersuchung für ihre wahre Ursachen eher behindert. Ein gutes Beispiel könnte die Multiple Sklerose sein. Sie wird nach dem herkömmlichen Verständnis als Autoimmunkrankheit gesehen, die das zentrale Nervensystem angreift.
Dagegen hat es bestimmt nicht an Hinweise gefehlt, die diese Krankheit als infektiös vermuten liessen. Vermutungen dafür reichen bis zum letzten Jahrhundert und noch früher.
Da ist das berühmte Beispiel mit dem Faröe Insel und MS. Die Krankheit war bis zur Ankunft von Britischen Truppen in zweiten Weltkrieg (1939) völlig unbekannt. Dafür gab es in den darauffolgenden 20 Jahren mehr als 24 Erkrankungen zu verzeichnen. Also schien die Krankheit “geschleppt” worden zu sein.
In den 20er Jahren hatte der Heidelberger Arzt und Forscher, Herr Dr. Gabriel Steiner die Vermutung geäussert, Multiple Sklerose wird durch Spirochäten verursacht. Er kam zunächst auf die Spirochäten durch “vergleichende Pathologie”, d.h. man sucht eine Krankheit mit bekannten Erreger, deren Symptome der zu untersuchenden Krankheit ähneln. Später gelag es G. Steiner den Nachweis der Spyrochäten mit Versilberungstechniken, obwohl die Fachleute von damals (wie von heute) skeptisch war. Die Fachwelt verlangt zwar den Nachweis der Bakterien als Ursache, sobald die Bakterien nachgewiesen sind werden sie sehr schnell als Co-infektionen oder Superinfektionen tituliert und damit ausser acht gelassen, frei nach dem Motto “es kann nicht sein, was es nicht sein darf”. Ähnlich ging es Alan Cantwell (und Victoria Livingston) mit seinem Buch “The cancer microbe” und ähnliche Veröffentlichungen über die Ätiologie von Krebs. Diese Veröffentlichung (Englisch) enthält eine sehr gute Zusammenfassung darüber.
Ein Preview der Steiner Arbeit kann in Springerverlag kostenlos besichtigt werden. Er entwickelte auch eine Behandlungsmethode, die aber nicht grosse Erfolg hatte. Mittlerweile dürfte es klar sein, warum nicht. Zellwand defiziente Bakterien haben nun mal keine Zellwand, die das Antibiotika zerstören kann.
Viele Jahre später wurde diese These wieder aufgeworfen, diesmal von den Schweizer Hausarzt und internist Markus Fritzsche. Er untersuchte statistische Korrelationen zwischen weltweite Zeckenaktivität und MS (und Schizophrenie). Man wusste bei der Schizophrenie schon lange, dass das Risiko an diese Krankheit zu erkranken am grössten ist, wenn das Kind in Winter oder im Frührjahr zur Welt kommt.
In den 50er Jahren untersuchte ein Französischer Wissenschafter, Paul Le Gac die mögliche Behandlung von MS durch Antibiotika (tetrazykline). Er vermutete ebenfalls bakterielle Erreger als Ursache und zwar wieder ein intrazellulären Erreger, die Rikettsien. Seine Arbeiten streckten sich bis zu den 70er Jahren. Einen Überblick über seine Arbeiten kann man hier lesen.
Lida Mattman, eine annerkante Wissenschaftlerin die für den Nobelpreis nominiert wurde (1998), isolierte ebenfalls Spirochäten aus der Rückenmarktflüssigkeit von MS Patienten. Viele Bilder davon sind in ihr berühmtes Werk “Stealth Pathogens” zu sehen. Ähnliches fand sie bei ALS Patienten.
Die Suche nach möglichen Pathogenen als Auslöser für die Multiple Sklerose ging weiter: Norwegische Wissenschaflter (2001) ebenfalls die von Steiner bekannten Spyrochäten in der Gehirn und Rückenmarkflüssigkeit von 10 MS Kranken auf. Besonders interessant war die Entdeckung von deren L-Formen (Infection 29, 315-319(2001)), siehe auch Artikel in Nervenaerztebund
Also genau die Form, die Trevor Marshall als Ursache für diese und viele anderen Krankheiten (“Autoimmun”) identifiziert hatte, wobei Marshall nicht nur eine Bakteriensorte berücksichtigt, sondern mehrere. Also eine Abkehr von den sogenannten “Koch Postulaten”, die aus dem 19ten Jahrhundert stammen.
Andere Forscher, wie Stratton und Wheldon wiederum identifizierten Chlamydien als möglicher Erreger. Man merke, dass alle Pathogenen die in die engere Auswahl kamen intrazellulären Erreger sind. Viele Labors rund um den Globus hatten auch mit unterschiedlichen Nachweismethoden Chlamydien DNA in MS Patienten entdeckt (zwar nicht bei allen, aber statistisch signifikante Prozensätze). Wheldon entwickelte auch den sogenannten “Wheldon Protokoll” basierend auf einer Antibiose mit unterschiedlichen Antibiotika. Die beiden wissenschaftler publizierten ihre Arbeit in September 2006.
Interessanterweise hatte Wheldon ebenfalls die Vermutung, dass neben Chlamydien noch weitere Erreger ihr schädliches Werk treiben. . Unter anderem auch den Epstein-Blarr-Virus. “Wheldon: “…It seems likely: we have been living with these beings, their genome trapped within ours, for untold time.”
Ein Konzept, was von Marshall als “Metagenomics Microbiota” bezeichnet wird. Die Frage, welcher Erreger zuerst kam ist fast irrelevant. Es ist die statistische Kombination von mehreren intrazellulären Pathogenen über die gesamte Lebenszeit, deren Produkten direkt mit nucleare-Rezeptoren wechselwirken, insbesonders mit dem Vitamin D Rezeptor VDR. Ein Effekt, was mittlerweile von Experimenten bestätigt wird: Forscher haben am Beispiel lebenden Borrelien Bakterien herausgefunden, welche Genen sie genau in ihre Expression beeinflussen. Der VDR war ebenfalls dabei, unter vielen anderen. Alleine der Epstein-Blarr-Virus vermindert die Expression des VDR um einen Faktor von 10.
Siehe Diskussion dazu in Marshallforum sowie das Posting “Das Marshall Model der Autoimmunerkrankungen”
Die vermutete “genetische Ursache” steht damit in einem ganz anderen Licht: die Genen sind in Ordnung, nur ihre Tranksription ist gestört.
Passend dazu die Beobachtung: man hat neulich (2007) herausgefunden, dass bei eineiige Zwillinge bei denen ein Geschwister an MS erkrankte, die MS Erkrankungswahrscheinlichkeit am niedrigsten ist, je mehr sich das Kind draussen an die Sonne ausgesetzt hatte. Weil vermutlich ihre angeborene Immunabwehr als Folge der besseren Vitamin D Versorgung sie besser gegen die intrazelullären Parasiten geschützt hat. Nach der Erkrankung jedoch ist der Vitamin D Stoffwechsel gestört, wie man in diesem Blog hinreichend lesen kann.
Die Hinweise auf die bakterielle Pathogenesis der Multiple-Sklerose sowie einer vielzahl von “unerklärlichen” Autoimmun-Erkrankungen wächst von Jahr zu Jahr. Siehe z.B. den Bericht von US Forscher, die eine von Bakterien produzierten Substanz (DHC´s) isoliert haben. Die genannte Substanz vermag starke MS Symptome an Mäuse zu verursachen.
Das sollte nur ein Beispiel sein von einer “Autoimmunkrankheit”, deren Gründe viel komplizierter und vielfältig sind, als man vermutet hätte. Sind aber Pathogenen als Erreger in Sicht, besteht auch Hoffnung auf Heilung. Also lohnt es sich, weiter in diese Richtung nachzudenken, genau so wie Herr Dr. Gustav Steiner, Lida Mattman, Alan Cantwell, Virginia Livingston und Trevor Marshall getan haben. Die medizinische Welt ist weiterhin skeptisch, aber was hatte man über Louis Pasteur erzählt ?
“La théorie des germes de Louis Pasteur est une fiction ridicule” (*) Pierre Pachet, professor of physiology, Toulouse (1872)
(*)” Die Theorie der Pathogenen von Louis Pasteur ist eine absurde Fiktion”